Sehr geehrter Herr Bürgermeister Carl, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates, sehr
geehrte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung und der Presse, verehrte Gäste!
Zunächst ein paar aus unserer Sicht wichtige Eckdaten aus dem laufenden Haushalt 2022 und
dem Haushaltsentwurf der Stadt Bad Wünnenberg für das Jahr 2023, auf die ich mich bei
meinen Ausführungen beziehen möchte.
Beginnen wir mit den prognostizierten Einnahmen:
2022, also dieses Jahr, fallen die Einnahmen aus der Gewerbesteuer wahrscheinlich um vier
Mio. Euro höher als erwartet aus. Auch aus Einkommensteuer und Umsatzsteuer werden für
das Jahr 2022 deutliche Mehrerträge in Höhe von über 7 Mio. Euro erwartet. Ursprünglich war
aufgrund des vor zwei Jahren gesenkten Hebesatzes der Gewerbesteuer und befürchteter
wirtschaftlicher Probleme der Unternehmen durch Corona mit Mindereinnahmen im Haushalt
der Stadt in Höhe von 1,9 Mio. gerechnet worden. Mit Buchungsstand Ende September sieht es
jetzt so aus, dass sich das eingeplante Defizit in Höhe von 1,9 Mio. EUR auf knapp 650 000
erheblich verringert. Die Ausgleichsrücklage ist mit 10,8 Mio. Euro gut ausgestattet, so dass das
jetzt erwartete Defizit von lediglich 650 000 Euro daraus leicht gedeckt werden kann.
Die Gesamteinnahmen der Stadt werden für das Jahr 2023 auf etwas mehr als 44,5 Mio. Euro
geschätzt, was Mehreinnahmen gegenüber 2022 in Höhe von ca. 5,4 Mio. Euro bedeutet. Die
Haupteinnahmen der Stadt werden mit veranschlagten knapp 27,5 Mio. Euro wie immer die
Steuereinnahmen ausmachen. Davon wird die Gewerbesteuer mit 17 Mio. bzw. mit 62%
wiederum den Löwenanteil bilden. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer sollen sich bei
gleichem Hebesatz wie bisher um über 5 Mio. erhöhen. Die Einnahmen aus Einkommenssteuer
(etwas über 6 Mio.) und Umsatzsteuer (etwas über 1 Mio.) werden anders als Vorjahr
voraussichtlich nur geringfügig steigen.
Also eigentlich ein sehr gutes Ergebnis, das einen positiv in die Zukunft blicken lassen sollte.
Anderen Städten geht es wirtschaftlich deutlich schlechter.
Doch sollten wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Es kommen auf der
Ausgabenseite im nächsten Jahr und in den Folgejahren auch gewaltige Aufgaben auf uns zu,
die nur schwer planbar sind. Ich rede von den wirtschaftlichen Auswirkungen des
Ukrainekrieges, von steigenden Geflüchtetenzahlen aufgrund von Krieg und
Klimaveränderungen, von Inflation, steigenden Löhnen und Gehältern, von Energie- und
Baukostensteigerungen in noch nicht in konkrete Zahlen fassbaren Ausmaßes.
Außerdem muss die Erderwärmung unbedingt auf maximal 1,5 Grad begrenzet werden. Wird
die 1,5 Grad Grenze überschritten, werden sog. Tipping Points ausgelöst. Sie können
Rückkopplungen in Gang setzen, Änderungen in anderen Subsystemen des Systems Erde
hervorrufen und so Kaskadeneffekte auslösen, die schließlich unumkehrbar sind. Wenn schon
die große Politik in dieser Sache zu versagen droht, heißt das gerade nicht, dass wir vor Ort
die Hände in den Schoß legen dürfen, weil ja sowieso nichts mehr zu machen ist. Nein, gerade
jetzt müssen wir mit gutem Beispiel vorangehen und unsere gemeinsamen Anstrengungen
vervielfachen. Die Zukunft unserer Kinder steht auf dem Spiel! Wenn ganze Ökosysteme
kippen, Ackerbau in bestimmten Regionen der Welt unmöglich wird, Unwetter und
Klimaphänomene ganze Städte und Landstriche verwüsten, der Meeresspiegel steigt und
ehemals blühende Landstriche verschlingt, wird das über kurz oder lang auch Auswirkungen
auf unsere Stadt Bad Wünnenberg haben. Erste lokale Folgen haben wir im Mai dieses Jahres
in Paderborn schon gesehen als ein Tornado große Teile der Innenstadt verwüstete.
Wir müssen also dringend mehr Mittel als die jetzt im Haushalt veranschlagten 100 000 Euro
für Klima und Umweltschutz einplanen, wenn wir wirklich etwas bewirken und nicht nur
Absichtserklärungen abgeben wollen. Private Investitionen in den Klima- und Umweltschutz
amortisieren sich momentan leider erst nach längerer Zeit. Menschen mit geringem oder
mittlerem Einkommen können sich dies oft nicht leisten. Wir brauchen also eine
Anschubfinanzierung. In diese Richtung gehen die Anträge von der SPD und unserer
Fraktion zur Förderung von Balkon-Photovoltaikanlagen. Zu nennen sind in diesem
Zusammenhang auch die Anträge der CDU zur Förderung von privaten
Regenwassernutzungsanlagen und von Fassadenbegrünung, die wir inhaltlich unterstützen.
Man sieht daran, dass die Zeiten sich ändern und das Bewusstsein für die dringende
Notwendigkeit des öffentlichen und privaten Engagements für mehr Umwelt- und
Klimaschutz stetig wächst. Hätten wir Grünen vor zwei Jahren solche Anträge in den Rat
eingebracht, wären wir wohl noch als etwas weltfremd belächelt worden.
Wenn die schon vorgeschlagenen Förderungen und noch alle weiteren Maßnahmen in dieser
Richtung für Klima- und Umweltschutz aus diesem einen 100 000 Euro Topf bezahlt werden
sollen, wird die Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger kaum nennenswert sein. Aus
diesem Etat sollen außerdem noch Projekte für Umwelt-, Klimaschutz und
Resilienzsteigerung, die Herr Segin, unser Klimaschutzmanager, uns noch im Rahmen eines
von ihm jetzt – hoffentlich möglichst zeitnah – erstellten Gesamtkonzeptes vorschlagen wird,
bedient werden. Wenn man hier nicht willens ist, mehr Geld in die Hand zu nehmen, braucht
man sich nicht wundern, wenn die Wirkung verpufft. Es wird nicht mehr als ein Tropfen auf
den heißen Stein sein. Unsere Hoffnung ist, dass im Rahmen des von Herrn Segin erstellten
Konzeptes noch weitere Mittel aus anderen öffentlichen Fördertöpfen generiert werden
können.
Neben dem Klimaschutz kommen auch noch erhebliche Kosten für die Mobilitätswende, für
die Kinderganztagsbetreuung, für die Digitalisierung der Schulen und der Verwaltung, für den
Rathausneubau, für die Umgestaltung der Mittelstraße und den Bau einer neuen
Kläranlage in Haaren in den nächsten Jahren auf uns zu.
Ganz zeitnah steht der Neubau einer Unterkunft für Geflüchtete aufgrund der steigenden
Zuweisungen durch die Bezirksregierung an. Geflüchtete verdienen unsere Solidarität und
nicht Ablehnung und Ausgrenzung, auch wenn immer mehr Hilfesuchende zu uns
kommen und ihre Unterbringung und Versorgung der Stadt Geld kostet. Im Rat besteht
darüber Konsens. Leider steht kein Wohnraum zur Verfügung, der gekauft oder
angemietet werden kann. Wir werden um eine Containerlösung also nicht herumkommen.
Auch hier muss auf eine energieeffiziente Bauweise Wert gelegt werden. Wünschenswert
ist der Einsatz von erneuerbaren Energien für Heizung, Warmwasser und Strom. Wir
denken, dass die im Haushalt veranschlagten Kosten von 450 000 Euro dafür deutlich zu
niedrig angesetzt sind.
Mehrkosten für die Stadt werden auch entstehen, wenn die Verpflegung der Kindergarten-
und Schulkinder auf Biolebensmittel und Lebensmittel aus der Region umgestellt werden
soll, wie wir es in unserem Antrag gefordert haben. Gerade Kinder und Jugendliche, die
sich noch in der körperlichen Entwicklung befinden und in der Schule eine hohe Leistung
erbringen sollen, verdienen das qualitativ hochwertigste Essen, das wir ihnen geben
können! Lernen sie im Kindergarten und in der Schule ein solches Essen kennen, werden
die Weichen für eine gesunde Ernährung in der Zukunft gestellt. Es kann jedoch nicht
angehen, dass diese Mehrkosten allein den Eltern aufgebürdet werden. Für Eltern mehrerer
Kinder und geringen bis mittleren Einkommens würde dies eine erhebliche Mehrbelastung
bedeuten, die zu der Belastung durch die deutlich gestiegenen Energiekosten und der das
Realeinkommen mindernden hohen Inflation hinzukommt. Der Vorschlag der CDU über
neue Einkommensgrenzen für die Staffelung der Essenszuschüsse nachzudenken, um auf
diesem Weg eine Mehrbelastung der Eltern zu reduzieren, ist hier sicher diskussions-
würdig.
Im Jahr 2023 wird auch die Erweiterung der Grundschule Bad Wünnenberg für geplante
2,5 Mio. Euro erfolgen müssen. Wir haben eine klimakonforme Bauweise und
Energieversorgung angemahnt.
Die ÖPNV Umlage in Höhe von knapp 450 000 Euro und die Erweiterung der
Gewerbegebiete Knickweg in Fürstenberg, Piepenberg in Haaren und in der Baake in
Leihberg müssen mit 1,3 Mio. finanziert werden. Wir hoffen und werden uns dafür
einsetzen, dass diese Erweiterungen, anders als es bisher in Haaren der Fall war, frühzeitig
mit den betroffenen Bürgern und Bürgerinnen kommuniziert werden und diese aktiv in
die Planung mit eingebunden werden.
Die Kreisumlage und die Jugendamtsumlage erhöhen sich mit zusammen knapp 1 Mio.
Euro deutlich. Auch die Personalkosten steigen weiter.
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass die Stadt dringend Mehreinnahmen
benötigt, um für die Herausforderungen der Zukunft gut gewappnet zu sein.
Doch woher sollen diese kommen? Das Vorgehen der Verwaltung durch Aufkündigung
ihrer bestehenden Pachtverträge für Grünland und Neuausschreibung der Pacht höhere
Einnahmen aus der Verpachtung landwirtschaftlich genutzter Flächen zu generieren, ist
hier sicher der falsche Weg. Das gilt umso mehr, da zum jetzigen Zeitpunkt Landwirte
und Landwirtinnen durch die stark gestiegenen Energiekosten und steigende
Umweltauflagen der EU schon ohnehin deutlich mehr belastet sind. Durch ein solches
Vorgehen der Stadt sind gerade landwirtschaftliche Nebenerwerbsbetriebe in ihrer
Existenz gefährdet. Ein Unding ist es aus unserer Sicht auch, dass die Neuverpachtung als
verwaltungsinterne Angelegenheit gesehen wird. Wir fordern, dass zeitnah
nachvollziehbare Vergabekriterien entwickelt werden müssen, schon um dem Gerede über
mögliche Vorteilsnahme endgültig einen Riegel vorzuschieben.
Auch volumenmäßig sind die Einnahmen aus Landverpachtung verglichen mit den
Einnahmen aus der Gewerbesteuer sehr gering. Es wäre also sicher viel sinnvoller über
eine Erhöhung der Gewerbesteuer nachzudenken, die ja die Haupteinnahmequelle der
Stadt bildet. Die CDU hat mit ihrer Mehrheit im Rat durchgesetzt, dass hier wie schon
letztes Jahr keine Anhebung erfolgen soll. Ihr Hauptargument gegen eine Anhebung ist,
dass einige Zerlegungsbetriebe, die über mehrere Betriebsstätten in verschiedenen
Gemeinden verfügen, ihren Geschäftssitz dann leicht verlegen könnten und auch die Zahl
der Neuansiedlungen von Industrie- und Gewerbebetrieben sich verringern könne. Die
Einnahmen aus der Gewerbesteuer würden sich durch einen höheren Hebesatz also eher
reduzieren.
Unsere Fraktion hält diese Gefahr bei einer moderaten Anhebung der
Gewerbesteuerhebesatzes auf 400, wie von uns vorgeschlagen, für nicht gegeben. Unser
aktueller Hebesatz in Bad Wünnenberg von 390 ist deutlich niedriger als in den anderen
Städten des Kreises. Haben wir es aber wirklich nötig mit Dumpingpreisen bei der
Gewerbesteuer für den Wirtschaftsstandort Bad Wünnenberg zu werben? Die Vorteile des
Wirtschaftsstandorts Bad Wünnenberg mit seiner modernen Infrastruktur und dem
unmittelbaren Anschluss an das Autobahnnetz liegen auch so auf der Hand und sprechen
für sich. Im Gegenzug die Grundsteuer B zu senken wie von der SPD vorgeschlagen,
halten wir grundsätzlich für eine gute Idee, da dadurch, anders als bei einer niedrigen
Gewerbesteuer auch Unternehmen profitieren, die keinen Gewinn machen und um ihr
wirtschaftliches Überleben kämpfen. Außerdem würden Wohnungseigentümer:innen
und Mieter:innen entlastet, was bei hohen Energiepreisen und hoher Inflationsrate sicher
zur Zeit angebracht ist. Allerdings sollte die Senkung der Grundsteuer B niedriger
ausfallen als von der SPD gefordert, damit im Endeffekt durch Anhebung der
Gewerbesteuer und Senkung der Grundsteuer B noch ein Überschuss als Mehreinnahmen
bei der Stadt verbleibt.
Ich möchte zusammenfassen: Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen wird zum
Haushaltsentwurf 2023 aus folgenden Gründen nicht zustimmen:
- Für den Klimaschutz sind erheblich zu wenig Mittel eingeplant.
Nur zum Vergleich: Allein für die erforderliche weitere Planung des Rathausneubaus
sind 500 000 Euro im Haushalt veranschlagt, für Klimaschutz lediglich 100 000 Euro
und das bei einem Gesamthaushaltsvolumen von 44,5 Mio. Euro. Dieses Missverhältnis
zeigt unserer Meinung nach schon deutlich, welchen Stellenwert Klimaschutzmaßnahmen trotz aller verbalen Beteuerungen – momentan bei der Ratsmehrheit einnimmt. - Die finanziellen Belastungen, die im Jahr 2023 und in den folgenden Jahren, auf die Stadt Bad Wünnenberg zukommen werden, sind im Haushalt nicht genügend berücksichtigt. Um nicht mittelfristig in die roten Zahlen zu geraten, müsste die Stadt Bad Wünnenberg durch eine moderate Erhöhung der Gewerbesteuer höhere Einnahmen generieren.
Ich möchte mich abschließend bei Herrn Bürgermeister Carl, bei allen Mitarbeitenden der Stadtverwaltung und den anderen im Rat vertretenden Fraktionen für die gute und konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Kontroverse Ansichten wurden stets fair, offen und sachlich diskutiert. Gemeinsam sind wir immer bemüht, die beste Lösung für unsere Heimatstadt zu finden.
In diesem Sinne möchte ich mit einem Satz aus der letzten Haushaltrede der CDU schließen:
„Auch wenn wir teilweise andere Ansätze verfolgen und unterschiedliche
Schlussfolgerungen ziehen, kann ein konstruktiver Diskurs und das Ringen um die besten
Lösungen nur von Vorteil sein.“
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Im Name der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen
Dr. Mathia Dubberke
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